Frida – Auf der Suche nach meiner verfolgten Großmutter

17. März 2023: Im Frühjahr 1931 taucht Frida Grünfeld zum ersten, aber keineswegs letzten Mal in einer Polizeiakte auf. Sie ist slowakische Jüdin, Prostituierte, und man verdächtigt sie staatsfeindlicher Umtriebe. Außerdem ist sie schwanger und muss ihr Kind eine Woche nach der Geburt zu Pflegeeltern geben. Von da an verliert sich ihre Spur. Ihr Sohn Berthold gelangt später nach Norwegen und wird zu einem angesehenen Psychiater. Was mit seiner Mutter geschehen ist, hat er nie erfahren – bis seine Tochter Nina Grünfeld sich auf die Such nach ihrer Großmutter macht. Nach jahrelangen Recherchen in europäischen Archiven zeichnet Nina Grünfeld Fridas Leben nach, die 1944 von den Nazis verhaftet und zunächst nach Auschwitz deportiert wurde. Als Zwangsarbeiterin im KZ Außenlager Walldorf war Frida am Bau der Rollbahnen des Frankfurter Flughafens beteiligt, bevor ihr Leidensweg im April 1945 in Ravensbrück endete.

Der Übersetzer Ulrich Sonnenberg und Cornelia Rühlig, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Walldorf, stellen Nina Grünfelds Buch »Frida – Auf der Suche nach meiner verfolgten Großmutter« vor – eine berührende Geschichte und ein außergewöhnliches Denkmal für vergessene Opfer in der NS-Zeit.

Wort und Totschlag

Stefan Behr macht kurzen Prozess

Stefan Behr bei der Lesung in der Stadtteilbibliothek Rödelheim

3. Februar 2023: Mord und Totschlag sind in Frankfurts Gerichtssälen keine seltenen Gäste. Aber oft sind es die kleinen Prozesse, über die man Bücher schreiben könnte. Stefan Behr hat es mit »Frankfurt – Kleinstadt des Verbrechens« getan, aber es gibt noch sehr viel mehr zu erzählen. Stefan Behr hat versprochen, zu seiner Lesung einen bunten Strauß der Blumen des Bösen mitzubringen. Und er wird darüber berichten, wie die Verbrecher in die Zeitung kommen und warum er selbst manchmal vor Zorn zum gedanklichen Verbrecher wird, wenn er seine Artikel am Morgen danach dort liest. Und doch haben seine schrägen, mit viel Augenzwinkern und einer gehörigen Portion Ironie erzählten Reportagen in der Frankfurter Rundschau eine feste Fan-Gemeinde.
Stefan Behr, 1966 in Offenbach geboren, wuchs in Bad Homburg auf und studierte in Tübingen dies und das, aber nichts zu Ende. Zur Strafe wurde er dazu verdammt, ewig und drei Tage Gerichtsreportagen für die Frankfurter Rundschau zu schreiben. Die Hälfte der Zeit hat er schon abgesessen.

Lebendiger Adventskalender: Der Schweinachtsmann

Der Schweinachtsmann von Jörg Hilbert, vorgetragen von Försterinnen und Förstern am 9. Dezember 2022.

Große Aufregung bei den Weihnachtsmännern. Weihnachtsmann Rupert hat sich beim Nüsse knacken den Daumen geklemmt und ist nicht einsatzfähig. Ein Ersatzmann muss her. Weihnachtsmann Hektor hat die Lösung: »Ich hätte da noch ein Schwein im Stall …«

Jörg Hilberts höchst amüsante Geschichte vom Schweinachtsmann und seinen Abenteuern am Heiligen Abend wurde im Rahmen des Lebendigen Adventskalenders von Mitgliedern des Fördervereins der Stadtteilbibliothek Rödelheim FörSteR e.V. gelesen.

Brasilien hat gewählt – und was kommt jetzt?

4. November 2022: Andreas Nöthen über die Zukunft eines fernen, aber wichtigen Landes.

In Brasilien fanden am 2. Oktober Präsidentschaftswahlen statt – in einem Klima extremer Polarisierung, die das Magazin »Crusoé« als »brasilianische Tragödie« bezeichnete. 150 Millionen Menschen waren aufgerufen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Aber war diese Wahl überhaupt fair? Und was ist von dem künftigen Präsidenten Brasiliens zu halten?

Andreas Nöthen

Der Rödelheimer Journalist Andreas Nöthen hat mit seiner Familie von 2016 bis 2019 in Rio de Janeiro gelebt und unmittelbare Einblicke in den politischen Alltag Brasiliens bekommen. Er hat den 2018 an die Macht gekommenen rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro ebenso portraitiert wie den zweimaligen Staatschef und Herausforderer Lula da Silva, dessen Biographie im Frühjahr 2022 erschien.

Uwe Wittstock: Februar 33 – Der Winter der Literatur

14. Oktober 2022: »Februar 33 Der Winter der Literatur« erzählt die ersten sechs Wochen von Hitlers Herrschaft aus der Perspektive der deutschen Schriftsteller. Es ging rasend schnell. Der Februar 1933 war der Monat, in dem sich für die kritischen Schriftsteller in Deutschland alles entschied. Uwe Wittstock erzählt in seinem Bestseller die Chronik eines angekündigten und doch nicht für möglich gehaltenen Todes. Von Tag zu Tag verfolgt er, wie das glanzvolle literarische Leben der Weimarer Zeit in wenigen Wochen einem langen Winter wich und sich das Netz für Thomas Mann und Bertolt Brecht, für Else Lasker-Schüler, Alfred Döblin und viele andere immer fester zuzog, während sich für Autoren mit nationalen Neigungen ungeahnte Karrieremöglichkeiten eröffnen.

»Ein erschütternd spannendes Buch.« Elke Heidenreich, Spiegel Online.

Uwe Wittstock

Uwe Wittstock ist Literaturkritiker und Buchautor. Bis 2017 war er Redakteur des Focus, für den er heute als Kolumnist schreibt. Zuvor hat er als Literaturredakteur für die FAZ, als Lektor bei S. Fischer und als stellvertretender Feuilletonchef für die Welt gearbeitet. Er wurde mit dem Theodor-Wolff-Preis für Journalismus ausgezeichnet.

Krimilesung im Brentanobad

Henry Jaeger – Ein Spitzbube in der Literatur
Jakob Stein über einen Frankfurter Gauner und Autor

8. Juli 2022: In seinem Leben hat der 1927 in Frankfurt-Bornheim geborene Henry Jaeger viele Höhen und Tiefen erlebt. Er war ein erfolgreicher Schwarzmarkthändler, der Kopf einer Räuberbande, Zuchthäusler, Bestsellerautor, Playboy und ab Mitte der 1960er-Jahre schillerndes Mitglied der Künstlerkolonie um Erich Maria Remarque in Ascona. Im Jahr 2000 ist er bitterarm in Ascona verstorben und heute so gut wie vergessen.

Krimipool-Lesung 2022

Jakob Stein liest aus seinem Roman „Der Gröschatz“ über diesen außergewöhnlichen Frankfurter Autor. Darüber hinaus stellt er einige Bücher von Henry Jaeger selbst vor, die es wieder zu entdecken gilt. Gemeinsam mit Henry Jaegers Sohn Marcus und der Leiterin des Frankfurter Kriminalmuseums, Polizeihauptkommissarin Anja Lange, beleuchtet Jakob Stein die unterschiedlichen Lebensstationen Henry Jaegers, vom »Kopf der raffiniertesten Räuberbande der Bundesrepublik«, so der SPIEGEL 1954, bis zum charmanten Lebemann und gescheiterten Familienmensch.

Norbert Rojan nennt sich als Autor Jakob Stein. Seit 1991 lebt er in Frankfurt, arbeitete in der legendären Huss’schen Universitätsbuchhandlung, im Eichborn Verlag und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, bis er 2001 den B3-Verlag und 2010 mit seiner Frau Sybille Nolte den Hessen Shop gründete, der im Herbst 2021 seine Zentrale nach Rödelheim verlegt hat.

»Wein könnte sein … geschmolzener Edelstein«

16. September 2022: Ein trinkfreudiger literarischer Streifzug von der Antike bis in die Gegenwart mit Martin Maria Schwarz

»Wenn ich judizieren soll, brauche ich auch das Maul recht voll.«
(Goethe über die Weinprobe)

Außer der Liebe und der Natur hat kein anderes Motiv je bei Schriftstellern, Poeten und Philosophen einen solchen Anklang gefunden wie der Wein. Wie ein roter Faden zieht sich die Weindichtung von der Antike über Goethe, Lessing oder Edgar Allen Poe bis in die jüngste zeitgenössische Literatur.

Martin Maria Schwarz. Foto: Dinger

Martin Maria Schwarz, (Wein-) Journalist, Gastrokritiker, Hörbuchsprecher und Moderator von hr2 Kultur, stellte die Literaturgeschichte des Weins in Erzählungen, Romanauszügen, Gedichten und Krimis vor. Ein ebenso unterhaltsamer wie erkenntnisreicher Abend – für den Kopf und für den Gaumen.

Frankfurt liest ein Buch 2022

Irmgard Keuns Roman »Nach Mitternacht«

Freitag, 6. Mai: Im Rahmen des Lesefests „Frankfurt liest ein Buch“ fand in der Stadtteilbibliothek Rödelheim eine Lesung zu Irmgard Keuns Roman „Nach Mitternacht“ statt. Die Frankfurter Schauspielerin Bettina Kaminski, Mitglied des Freien Schauspiel Ensembles, las Passagen aus diesem wichtigen Roman der deutschen Exilliteratur und begeisterte das Publikum durch ihren lebendigen Vortrag. Heinrich Detering, Herausgeber der Irmgard Keun-Gesamtausgabe und Autor des Nachworts der Neuausgabe von „Nach Mitternacht“, musste seine Teilnahme leider kurzfristig absagen, seinen Part übernahmen Inge Pauls und Ulrich Sonnenberg.

Der Roman: Frankfurt, 1936: Menschenmassen strömen auf den Opernplatz und warten auf den Besuch Hitlers. Mittendrin und doch abseits verfolgt die 19-jährige Susanne das Geschehen. Voller Sehnsucht wartet sie seit ihrer Flucht aus Köln auf ein Lebenszeichen von ihrem Verlobten Franz, der an die Gestapo verraten wurde und den Denunzianten umgebracht hat. Kurz vor Mitternacht muss Susanne sich entscheiden, ob sie ihre Heimat verlassen soll, um mit Franz zu fliehen. Durch die Augen ihrer Erzählerin schildert Irmgard Keun den Alltag im nationalsozialistischen Deutschland. Mit genauer Beobachtungsgabe und scharfem Humor beschreibt sie die Erlebnisse, Gespräche und Widersprüchlichkeiten der Menschen in dieser Zeit.

Die Autorin: Irmgard Keun (1905–1982) feierte mit ihren beiden ersten Romanen, „Gilgi – eine von uns“ und „Das kunstseidene Mädchen“ sensationelle Erfolge. 1936 ging sie ins Exil, 1937 erschien „Nach Mitternacht“ in Amsterdam.

Frankfurt liest ein Buch 2021

Eva Demski. Foto: Förster

29.10.2021: Eva Demski liest aus Scheintod

Frankfurt am Main 1974. Ein Anwalt wird tot in seiner Kanzlei aufgefunden. Die Umstände seines Todes sind ungeklärt. Die Polizei ermittelt: Er war Anwalt der linken Szene, zu seiner Klientel gehörten RAF-Mitglieder, Rocker, Junkies und Strichjungen. Seine Frau, die seit drei Jahren von ihm getrennt lebt, beginnt, sich noch einmal mit ihm auseinanderzusetzen: mit seiner Arbeit, seinem Leben – und ihrer Liebe. Was weiß sie eigentlich von diesem Mann, den sie einmal geliebt hat, der ihr so vertraut war? Bald gerät die Witwe selbst ins Visier der polizeilichen Ermittlungen, wird der Mitwisserschaft an politischen Aktivitäten verdächtigt. Um zu begreifen, sucht sie seine Kollegen auf, Mandanten aus der Halbwelt, Genossen und ehemalige Revolutionäre.

„Scheintod“, den Roman einer Liebe zu Zeiten großer politischer Unruhen, lobte die Süddeutsche Zeitung als »literarische Glanzleistung«. Eva Demski, geboren 1944 in Regensburg, lebt in Frankfurt am Main. Für ihr literarisches Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet, 1988/89 war Eva Demski Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim.

Deniz Ohde liest aus »Streulicht«

Deniz Ohde. Foto: Förster

1.10.2021: Wahrhaftig und einfühlsam erkundet die in Frankfurt-Sindlingen aufgewachsene Deniz Ohde in ihrem großartigen Debütroman »Streulicht« die feinen Unterschiede in unserer Gesellschaft. Satz für Satz spürt sie den Sollbruchstellen im Leben der Erzählerin nach, den Zuschreibungen und Erwartungen an sie als Arbeiterkind, der Kluft zwischen Bildungsversprechen und erfahrener Ungleichheit, der verinnerlichten Abwertung und dem Versuch, sich davon zu befreien.

»Ein bestürzender Bildungsroman, der bis in kleinste Bewegungen sichtbar macht, wie Ausgrenzung und Abwertung funktionieren.« Frankfurter Allgemeine Zeitung

Deniz Ohde, geboren 1988 in Frankfurt am Main, studierte Germanistik in Leipzig. Für ihren Debütroman »Streulicht« wurde sie mit dem Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung 2020 und dem Aspekte Literaturpreis 2020 ausgezeichnet.