Archiv der Kategorie: Lesung

Otfried Preußler, ein Leben in Geschichten

Tilman Spreckelsen über Otfried Preußlers Leben und Werk

6. Oktober 2023: Mit »Der Räuber Hotzenplotz«, »Die kleine Hexe« oder »Krabat« hat Otfried Preußler Klassiker der Kinderliteratur geschaffen, allein die Namen seiner Figuren wecken Erinnerungen an Bücher, die Generationen über Jahre der Kindheit hinweg begleitet haben. Viele seiner Geschichten sind in der böhmischen Märchen- und Sagenwelt verwurzelt, die Preußler aus seiner Kindheit kannte. In den 1970er-Jahren wurde er häufig als weltfremd kritisiert, heute erkennt man jedoch das antiautoritäre Potenzial seiner Bücher und liest »Krabat« als einen Roman der Verführung durch eine dunkle Macht.

Tilman Spreckelsen stellte seine Otfried-Preußler-Biografie vor.

Anlässlich des 100. Geburtstags von Otfried Preußler im Oktober 2023 hat Tilman Spreckelsen nach intensiven Recherchen eine erste vollständige Biografie vorgelegt, die tiefe Einblicke in Leben und Werk des großen Kinderbuchautors und Geschichtenerzählers liefert.

Tilman Spreckelsen studierte Geschichte und Germanistik in Freiburg und ist seit 2001 Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Als Autor und Herausgeber hat er zahlreiche Bücher und Anthologien veröffentlicht. 2014 erhielt er den Theodor-Storm-Preis der Stadt Husum.

Krimilesung im Brentanobad

14. Juli 2023: Einmal noch sterben
Oliver Bottini liest aus seinem preisgekrönten Krimi

Oliver Bottini bei der Krimilesung im Brentanobad.

Februar 2003. Nach den Anschlägen von New York steht der Krieg gegen den Terror
vor einem weiteren Höhepunkt: Die USA und ihre Verbündeten bereiten sich darauf
vor, in den Irak einzumarschieren. BND Agent Frank Jaromin ist gerade von einem
Einsatz in Bosnien zurückgekehrt und will sich eigentlich um seine zerstrittene
Familie kümmern. Da kommt ein hochbrisanter Auftrag aus dem Kanzleramt: Eine
irakische Regimegegnerin behauptet, die Vorwürfe, die den Krieg legitimieren
sollen, seien erfunden, es gebe im Irak keine Massenvernichtungswaffen. Der BND
schickt Frank Jaromin nach Bagdad, und schon bald kämpft er dort um sein Leben …
Der neue Roman des in Frankfurt lebende Autors Oliver Bottini »könnte auch aus
einer angelsächsischen Thriller-Fabrik stammen, doch Bottini hat sich für seine
Figuren mehr einfallen lassen.«
(Hannes Hintermeier, FAZ)

Frankfurt liest ein Buch 2023

28. April 2023: Im Gespräch mit der ehemaligen hr2 kultur-Redakteurin Ruth Fühner stellte Deniz Ohde ihren »bestürzender Bildungsroman« (FAZ) „Streulicht“ vor.

Deniz Ohde (Mitte) im Gespräch mit Ruth Fühner und Brigitte Dinger.

In ihrem gefeierten Debütroman erkundet Deniz Ohde die Sollbruchstellen im Leben der Erzählerin und erzählt von den Zuschreibungen und Erwartungen an sie als Arbeiterkind, der Kluft zwischen Bildungsversprechen und erfahrener Ungleichheit und dem Versuch, sich von der verinnerlichten Abwertung zu befreien. Industrieschnee markiert die Grenzen des Orts, eine feine Säure liegt in der Luft, und hinter der Werksbrücke rauschen die Fertigungshallen, wo der Vater tagein, tagaus Aluminium­bleche beizt. Hier ist die Ich-Erzählerin aufgewachsen, hierher kommt sie zurück, als ihre Kindheitsfreunde heiraten. Und während sie die alten Wege geht, erinnert sie sich: an den Vater und den erblindeten Großvater, die kaum sprachen, die keine Veränderungen wollten und nichts wegwerfen konnten, bis der Hausrat aus allen Schränken quoll. An die Mutter, deren Freiheitsdrang in der Enge einer west­deutschen Arbeiterwohnung erstickte, ehe sie in einem kurzen Aufbegehren die Koffer packte und die Tochter beim trinkenden Vater ließ. An den frühen Schulabbruch und die Anstrengung, im zweiten Anlauf Versäumtes nachzuholen, an die Scham und die Angst – zuerst davor, nicht zu bestehen, dann davor, als Aufsteigerin auf ihren Platz zurückverwiesen zu werden.

Frida – Auf der Suche nach meiner verfolgten Großmutter

17. März 2023: Im Frühjahr 1931 taucht Frida Grünfeld zum ersten, aber keineswegs letzten Mal in einer Polizeiakte auf. Sie ist slowakische Jüdin, Prostituierte, und man verdächtigt sie staatsfeindlicher Umtriebe. Außerdem ist sie schwanger und muss ihr Kind eine Woche nach der Geburt zu Pflegeeltern geben. Von da an verliert sich ihre Spur. Ihr Sohn Berthold gelangt später nach Norwegen und wird zu einem angesehenen Psychiater. Was mit seiner Mutter geschehen ist, hat er nie erfahren – bis seine Tochter Nina Grünfeld sich auf die Such nach ihrer Großmutter macht. Nach jahrelangen Recherchen in europäischen Archiven zeichnet Nina Grünfeld Fridas Leben nach, die 1944 von den Nazis verhaftet und zunächst nach Auschwitz deportiert wurde. Als Zwangsarbeiterin im KZ Außenlager Walldorf war Frida am Bau der Rollbahnen des Frankfurter Flughafens beteiligt, bevor ihr Leidensweg im April 1945 in Ravensbrück endete.

Der Übersetzer Ulrich Sonnenberg und Cornelia Rühlig, Leiterin der KZ-Gedenkstätte Walldorf, stellen Nina Grünfelds Buch »Frida – Auf der Suche nach meiner verfolgten Großmutter« vor – eine berührende Geschichte und ein außergewöhnliches Denkmal für vergessene Opfer in der NS-Zeit.

Wort und Totschlag

Stefan Behr macht kurzen Prozess

Stefan Behr bei der Lesung in der Stadtteilbibliothek Rödelheim

3. Februar 2023: Mord und Totschlag sind in Frankfurts Gerichtssälen keine seltenen Gäste. Aber oft sind es die kleinen Prozesse, über die man Bücher schreiben könnte. Stefan Behr hat es mit »Frankfurt – Kleinstadt des Verbrechens« getan, aber es gibt noch sehr viel mehr zu erzählen. Stefan Behr hat versprochen, zu seiner Lesung einen bunten Strauß der Blumen des Bösen mitzubringen. Und er wird darüber berichten, wie die Verbrecher in die Zeitung kommen und warum er selbst manchmal vor Zorn zum gedanklichen Verbrecher wird, wenn er seine Artikel am Morgen danach dort liest. Und doch haben seine schrägen, mit viel Augenzwinkern und einer gehörigen Portion Ironie erzählten Reportagen in der Frankfurter Rundschau eine feste Fan-Gemeinde.
Stefan Behr, 1966 in Offenbach geboren, wuchs in Bad Homburg auf und studierte in Tübingen dies und das, aber nichts zu Ende. Zur Strafe wurde er dazu verdammt, ewig und drei Tage Gerichtsreportagen für die Frankfurter Rundschau zu schreiben. Die Hälfte der Zeit hat er schon abgesessen.

Lebendiger Adventskalender: Der Schweinachtsmann

Der Schweinachtsmann von Jörg Hilbert, vorgetragen von Försterinnen und Förstern am 9. Dezember 2022.

Große Aufregung bei den Weihnachtsmännern. Weihnachtsmann Rupert hat sich beim Nüsse knacken den Daumen geklemmt und ist nicht einsatzfähig. Ein Ersatzmann muss her. Weihnachtsmann Hektor hat die Lösung: »Ich hätte da noch ein Schwein im Stall …«

Jörg Hilberts höchst amüsante Geschichte vom Schweinachtsmann und seinen Abenteuern am Heiligen Abend wurde im Rahmen des Lebendigen Adventskalenders von Mitgliedern des Fördervereins der Stadtteilbibliothek Rödelheim FörSteR e.V. gelesen.

Uwe Wittstock: Februar 33 – Der Winter der Literatur

14. Oktober 2022: »Februar 33 Der Winter der Literatur« erzählt die ersten sechs Wochen von Hitlers Herrschaft aus der Perspektive der deutschen Schriftsteller. Es ging rasend schnell. Der Februar 1933 war der Monat, in dem sich für die kritischen Schriftsteller in Deutschland alles entschied. Uwe Wittstock erzählt in seinem Bestseller die Chronik eines angekündigten und doch nicht für möglich gehaltenen Todes. Von Tag zu Tag verfolgt er, wie das glanzvolle literarische Leben der Weimarer Zeit in wenigen Wochen einem langen Winter wich und sich das Netz für Thomas Mann und Bertolt Brecht, für Else Lasker-Schüler, Alfred Döblin und viele andere immer fester zuzog, während sich für Autoren mit nationalen Neigungen ungeahnte Karrieremöglichkeiten eröffnen.

»Ein erschütternd spannendes Buch.« Elke Heidenreich, Spiegel Online.

Uwe Wittstock

Uwe Wittstock ist Literaturkritiker und Buchautor. Bis 2017 war er Redakteur des Focus, für den er heute als Kolumnist schreibt. Zuvor hat er als Literaturredakteur für die FAZ, als Lektor bei S. Fischer und als stellvertretender Feuilletonchef für die Welt gearbeitet. Er wurde mit dem Theodor-Wolff-Preis für Journalismus ausgezeichnet.

Krimilesung im Brentanobad

Henry Jaeger – Ein Spitzbube in der Literatur
Jakob Stein über einen Frankfurter Gauner und Autor

8. Juli 2022: In seinem Leben hat der 1927 in Frankfurt-Bornheim geborene Henry Jaeger viele Höhen und Tiefen erlebt. Er war ein erfolgreicher Schwarzmarkthändler, der Kopf einer Räuberbande, Zuchthäusler, Bestsellerautor, Playboy und ab Mitte der 1960er-Jahre schillerndes Mitglied der Künstlerkolonie um Erich Maria Remarque in Ascona. Im Jahr 2000 ist er bitterarm in Ascona verstorben und heute so gut wie vergessen.

Krimipool-Lesung 2022

Jakob Stein liest aus seinem Roman „Der Gröschatz“ über diesen außergewöhnlichen Frankfurter Autor. Darüber hinaus stellt er einige Bücher von Henry Jaeger selbst vor, die es wieder zu entdecken gilt. Gemeinsam mit Henry Jaegers Sohn Marcus und der Leiterin des Frankfurter Kriminalmuseums, Polizeihauptkommissarin Anja Lange, beleuchtet Jakob Stein die unterschiedlichen Lebensstationen Henry Jaegers, vom »Kopf der raffiniertesten Räuberbande der Bundesrepublik«, so der SPIEGEL 1954, bis zum charmanten Lebemann und gescheiterten Familienmensch.

Norbert Rojan nennt sich als Autor Jakob Stein. Seit 1991 lebt er in Frankfurt, arbeitete in der legendären Huss’schen Universitätsbuchhandlung, im Eichborn Verlag und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, bis er 2001 den B3-Verlag und 2010 mit seiner Frau Sybille Nolte den Hessen Shop gründete, der im Herbst 2021 seine Zentrale nach Rödelheim verlegt hat.

Frankfurt liest ein Buch 2021

Eva Demski. Foto: Förster

29.10.2021: Eva Demski liest aus Scheintod

Frankfurt am Main 1974. Ein Anwalt wird tot in seiner Kanzlei aufgefunden. Die Umstände seines Todes sind ungeklärt. Die Polizei ermittelt: Er war Anwalt der linken Szene, zu seiner Klientel gehörten RAF-Mitglieder, Rocker, Junkies und Strichjungen. Seine Frau, die seit drei Jahren von ihm getrennt lebt, beginnt, sich noch einmal mit ihm auseinanderzusetzen: mit seiner Arbeit, seinem Leben – und ihrer Liebe. Was weiß sie eigentlich von diesem Mann, den sie einmal geliebt hat, der ihr so vertraut war? Bald gerät die Witwe selbst ins Visier der polizeilichen Ermittlungen, wird der Mitwisserschaft an politischen Aktivitäten verdächtigt. Um zu begreifen, sucht sie seine Kollegen auf, Mandanten aus der Halbwelt, Genossen und ehemalige Revolutionäre.

„Scheintod“, den Roman einer Liebe zu Zeiten großer politischer Unruhen, lobte die Süddeutsche Zeitung als »literarische Glanzleistung«. Eva Demski, geboren 1944 in Regensburg, lebt in Frankfurt am Main. Für ihr literarisches Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet, 1988/89 war Eva Demski Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim.

Deniz Ohde liest aus »Streulicht«

Deniz Ohde. Foto: Förster

1.10.2021: Wahrhaftig und einfühlsam erkundet die in Frankfurt-Sindlingen aufgewachsene Deniz Ohde in ihrem großartigen Debütroman »Streulicht« die feinen Unterschiede in unserer Gesellschaft. Satz für Satz spürt sie den Sollbruchstellen im Leben der Erzählerin nach, den Zuschreibungen und Erwartungen an sie als Arbeiterkind, der Kluft zwischen Bildungsversprechen und erfahrener Ungleichheit, der verinnerlichten Abwertung und dem Versuch, sich davon zu befreien.

»Ein bestürzender Bildungsroman, der bis in kleinste Bewegungen sichtbar macht, wie Ausgrenzung und Abwertung funktionieren.« Frankfurter Allgemeine Zeitung

Deniz Ohde, geboren 1988 in Frankfurt am Main, studierte Germanistik in Leipzig. Für ihren Debütroman »Streulicht« wurde sie mit dem Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung 2020 und dem Aspekte Literaturpreis 2020 ausgezeichnet.