Archiv der Kategorie: Lesung

Frankfurt liest ein Buch 2019

Autor Martin Mosebach (rechts) und Verleger Rainer Weiss

Das kleine Literatur-Festival „Frankfurt liest ein Buch“ feierte in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag. Im Jubiläums-Jahr wurde »Westend« von Martin Mosebach gelesen. Am 10. Mai 2019 war der Autor im Gespräch mit Rainer Weiss zu Gast in der Rödelheimer Stadtteilbibliothek.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Förderer, Unterstützer und Partner von Frankfurt liest ein Buch,
zwei Wochen lang hat Frankfurt liest ein Buch mit dem Roman Westend von Martin Mosebach (Rowohlt Verlag) Stadt und Region literarisiert und mit rund 13.000 Besucherinnen und Besuchern sein zehntes Veranstaltungsjahr gebührend gefeiert. Ausstellungen, literarische Spaziergänge, Theater-, Film-, Buchhandels-, Bibliotheks-, Schul- und Museumsabende … Frankfurt liest ein Buch lebt von der großen Vielfalt und dem beispiellosen Engagement seiner Akteure und Beteiligten. Das gibt es nur in Frankfurt! Wir bedanken uns sehr herzlich bei Ihnen – für Ihre Unterstützung und Förderung, für Ihre Ideen, Ihren Einsatz und Ihre Treue. Ohne Sie wäre all das nicht möglich. Frankfurt liest ein Buch ist zu einem bundesweit beachteten Lesefest herangewachsen. Wir freuen uns über diese Errungenschaft und hoffen und wünschen uns sehr, gemeinsam mit Ihnen im kommenden Jahr wieder die Stadt im Buch und das Buch in der Stadt hochleben zu lassen und Menschen in einen Dialog zu bringen.
Autor Martin Mosebach bat uns, Ihnen auch seinen persönlichen Dank zukommen zu lassen.
Dr. Sabine Baumann und Silke Haug
Vorsitzende Frankfurt liest ein Buch e.V.

Hell & schnell – Texte von Robert Gernhardt

Frankfurt-Premiere! Freitag, 3. Mai 2019: Oliver Steller spricht und singt Texte von Robert Gernhardt.

Humor und Liebe, Alltag und Leben sind die Themen bei Robert Gernhardt.
Seine Gedichte sind leicht und humorvoll. So, wie seine Vorbilder Wilhelm Busch, Christian Morgenstern und Loriot, ist Robert Gernhardt ein messerscharfer Beobachter und in einer Zeit, in der uns das Lachen schon mal im Halse stecken bleibt, ein gutes Gegengift. Robert Gernhardt schenkt uns das befreite Lachen, wie wir es kaum noch kennen.

Oliver Steller beim Signieren der Gesamtausgabe von Gernhardts Gedichten.

Oliver Steller, Jahrgang ’67, ist die „Stimme deutscher Lyrik“ (FAZ). Als Musiker hat er auch in diesem Programm viele Gedichte vertont. Sein lyrischer Plauderton führt durch den Abend und macht Robert Gernhardt zu einem Gesamtkunstwerk, das heiter und unterhaltsam, aber auch sehr tiefsinnig ist. In Rödelheim ist Oliver Steller regelmäßig zu Gast, beispielsweise 2008 mit seinem Kurt-Tucholsky-Programm oder 2014 zum zehnjährigen Förster-Jubiläum mit Christian Morgenstern. Zuletzt begeisterte er das Publikum mit »Spiel der Sinne«, Lyrik von Dichterinnen, im November 2017.

»Niemand saß zu Recht in einem KZ«

5. April: Die Geschichte zweier Brüder und ihre Folgen bis heute
Lesung und Gespräch mit Professor Dr. Frank Nonnenmacher

Prof. Dr. Frank Nonnenmacher diskutierte mit dem interessierten Publikum in der Rödelheimer Stadtteilbibliothek

Frank Nonnenmacher, emeritierter Professor für Politische Bildung an der Goethe-Universität Frankfurt, beschreibt in seiner Doppelbiografie »DU hattest es besser als ICH« das Leben zweier Brüder: Sein Vater Gustav flog als Ju52-Pilot für Hitlers Luftwaffe und wurde später freischaffender Bildhauer in Worms. Dessen Bruder Ernst kam nach Verbüßung einer Strafhaft in die KZ Flossenbürg und Sachsenhausen. Ernsts Schicksal ist exemplarisch für die von den Nazis als »Asoziale« und »Berufsverbrecher« bezeichneten KZ-Häftlinge, die den grünen Winkel zu tragen hatten. Sie galten als »Ballastexistenzen«, die »durch Arbeit vernichtet« werden sollten. Bis heute sind sie nicht als Opfer des Faschismus anerkannt.

Frank Nonnenmacher ist Gründer einer Initiative zur Anerkennung dieser bislang ignorierten Opfergruppe durch einen Beschluss des Deutschen Bundestages. Die Petition wurde bisher von namhaften Abgeordneten aller Fraktionen (außer der AfD) sowie von über  21.000 Bürgern (Stand Dezember 2018) unterschrieben.

Am Vorabend der Lesung hatte im Bundestag eine Aussprache zu zwei Anträgen stattgefunden, die die Anerkennung dieser Opfergruppen fordern. Die Debatte kann hier als Videoaufzeichnung angesehen werden.

Muntere Weinlese

Freitag, 8. Februar 2019: Krimilesung mit Weinprobe mit Andreas Wagner. Ein Sommer, wie es ihn noch nie gegeben hat: In Rheinhessen regnet es ohne Unterlass. Die Trauben faulen, und die Winzer fürchten um ihre Ernte. Als Tausende Liter Wein in die Kanalisation laufen, die ältesten Reben im Dorf zerstört werden und eine kopflose Leiche auftaucht, dämmert den Ersten, dass seit dem Glykol-Skandal von 1985 noch einige Rechnungen offen sind. Winzer Kurt-Otto Hattemer beginnt zu ermitteln – und begibt sich in höchste Gefahr…

Winzer und Krimiautor Andreas Wagner erfreute das Publikum nicht nur mit unterhaltsamen Geschichten, sondern auch mit Wein vom eigenen Weingut.

Andreas Wagner ist Winzer und promovierter Historiker. Nach seinem Geschichtsstudium in Leipzig und Prag zog es ihn zurück auf das elterliche Weingut in Essenheim. Zusammen mit seinem Bruder leitet er das Familienweingut in der Nähe von Mainz und schreibt Weinkrimis.

Unterhaltsam las Wagner aus seinem Krimi „Winzerrache“ und gab interessante Einblicke ins Winzerleben. Begleitet wurde der Abend durch eine Weinprobe mit vier Weinen des Weinguts Wagner, Essenheim.

»Rettet wenigstens die Kinder«

Kindertransporte aus Frankfurt – Lebenswege von geretteten Kindern

Die abenteuerliche Reise eines Rödelheimer Mädchens über Schweden in die USA: Edith Froehlich, geb. Stern.

Nach den Novemberpogromen 1938 konnten etwa 20.000 jüdische Kinder aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei durch die sogenannten Kindertransporte gerettet werden. Im Mittelpunkt des Buches „Rettet wenigstens die Kinder“ stehen ihre Lebensgeschichten und die Schicksale ihrer Familien. Mitherausgeberin und Autorin Till Lieberz-Groß berichtet über die Familie Stern.

Edith Stern mit ihrer Großmutter. Foto: Familie Froehlich

Familie Stern hatte in den 1920er-Jahren ein Textilgeschäft in Alt Rödelheim. Sie waren angesehene Rödelheimer Bürger. Vater Arthur Stern war nicht nur ein tüchtiger Kaufmann und Handelsvertreter, sondern auch ein engagierter Vereinssportler, Turner und Fußballer beim Rödelheimer Fußball Club. Mutter Elly Stern führte erfolgreich das Geschäft. Ab 1933 war die alteingesessene Rödelheimer Familie dem Terror und Verfolgungen der Nazis ausgesetzt. Tochter Edith konnte im Juli 1939 ihre Heimat mit einem rettenden Kindertransport nach Schweden verlassen und so überleben. In den USA konnte Edith ein neues Leben beginnen, sie heiratete Walter Froehlich, gründete eine Familie. Edith Froehlich, geb. Stern starb im Alter von 91 Jahren im November 2014 in den USA.

In Rödelheim ist die Familie spätestens seit Anfang des Jahres bekannt, als die neu gestaltete westliche Seite des Rödelheimer Bahnhofs als „Arthur-Stern-Platz“ eingeweiht wurde. An der feierlichen Eröffnung hatten auch die Geschwister Carol und William Froehlich teilgenommen, die Kinder von Edith Froehlich und Enkel von Arthur Stern.

Lesung von Till Lieberz-Groß am Dienstag, 4. Dezember 2018 um 19.30 Uhr in der Stadtteilbibliothek Rödelheim, Eintritt frei. Eine Veranstaltung der Stadtteilbibliothek in Kooperation mit dem Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt e.V.

Kabarett(isten) im KZ

Jo van Nelsens Grammophon-Lesung

23. November 2018: Volles Haus im Gemeindesaal der Cyriakusgemeinde bei einem großartigen Abend mit dem Kabarettisten Jo van Nelsen. Mit seiner Grammophonlesung schlägt van Nelsen ein weitgehend tabuisiertes Kapitel der deutschen Kabarett- und Zeitgeschichte auf: Kabarett im KZ. Ob in Esterwegen, Westerbork oder Theresienstadt – viele inhaftierte Unterhaltungsstars der Weimarer Republik traten auch im KZ auf – manchmal heimlich, manchmal auf Befehl. Dieses Stück fast vergessener, weil problematischer Kulturgeschichte ließ Jo van Nelsen in diesem Abend wieder sichtbar werden. Er stellte die Schicksale vieler inhaftierter Künstler vor, las aus ihren Texten, sang ihre Lieder und spielte dazu alte Schellackplatten. Seltenes Bild- und Filmmaterial ließen zudem die Grammophonlesung zu einer spannenden Zeitreise und einem multimedialen Erlebnis werden.

Ein Abend gegen das Vergessen und für das Erinnern an die, deren Lebensinhalt die Unterhaltung war, auch hinter Stacheldraht. Und die erleben mussten, dass der gelbe Stern oder der rosa Winkel an ihrer Brust schwer wog – auch nach dem Krieg. Und doch auch ein Abend, an dem es viel zu lachen gab – denn die vorgestellten Autoren und Interpreten waren einfach Meister ihres Fachs! 

Eine Veranstaltung von FörSteR, Stadtteilbibliothek Rödelheim, RaUM, Courage gegen Rassismus, AWO-Ortsverein Rödelheim. Mit freundlicher Unterstützung des Kulturamtes. 

Gedenken an den Tag der Bücherverbrennung

Am 10. Mai 1933 passierte es mitten in Frankfurt: Studenten der Frankfurter Universität, darunter auch Mitglieder studentischer Verbindungen und Burschenschaften, packten einen Leiterwagen voll mit Büchern, deren Autoren vom faschistischen Regime als „zersetzend“ angesehen wurden und verbrannten sie auf dem Frankfurter Römerberg unter dem hysterischen Gegröle ihrer Gesinnungsgenossen.

Schon Heinrich Heine hatte in großer Hellsichtigkeit formuliert: „Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen!“

Erich Kästner, dessen Bücher ebenfalls in die Flammen geworfen wurden, schrieb in der Nachbetrachtung der schrecklichen Ereignisse: „Als am 10. Mai 1933 die deutschen Studenten in allen Universitätsstädten unsere Bücher tonnenweise ins Feuer warfen, spürten wir: Hier vollzieht sich Politik, und hier ereignet sich Geschichte. Die Flammen dieser politischen Brandstiftung würden sich nicht löschen lassen. Sie würden weiterzüngeln, um sich fressen, auflodern und Deutschland, wenn nicht ganz Europa in verbrannte Erde verwandeln. Es würde so kommen und es kam so.“

In ihrem Roman Das siebte Kreuz sagt Anna Seghers: „Heute sind wir hier. Was jetzt geschieht, geschieht uns!“

10. Mai, Tag der Erinnerung an die „verbrannten Bücher“ Öffentliche Lesung aus „verbrannten Büchern“, Rezitationen, musikalische Beiträge, Redebeiträge. Roman Kuperschmidt und Band sowie Almut Schwab von Klezmers Techter. Donnerstag, 10. Mai, 11 bis 17 Uhr auf dem Römer

Frankfurt liest ein Buch 2018

20.4.2018: Im Rahmen des Literaturfestivals „Frankfurt liest ein Buch“ fand in Rödelheim die Veranstaltung „Weißt du schon, im KZ? In Westhofen. Literatur und Realität in „Das siebte Kreuz““ statt. Die Stadtteilbibliothek war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Martina Ruppert-Kelly, Leiterin des Pädagogischen Dienstes der heutigen Gedenkstätte Osthofen, informierte über die Errichtung eines der ersten Konzentrationslager der Nazis, über das Lagerleben und die Haftbedingen, über reale Fluchten und die Verbindung zwischen Literatur und Realität in Anna Seghers Roman. Christoph Pütthoff aus dem Ensemble des Schauspiel Frankfurt und einer der Schauspieler der Bühnenadaption von „Das siebte Kreuz“, las ausgewählte Passagen aus dem Roman und begeisterte mit seinem lebendigen Vortrag das Publikum.

Astrid Lindgren. Ihr Leben

Am 2. Februar stellte Ulrich Sonnenberg, Übersetzer der Biografie von Jens Andersen, die weniger bekannten Seiten Astrid Lindgrens vor.

Vor etwas mehr als siebzig Jahren erblickte Pippilotta Viktualia Rollgardina Krusmynta Efraimsdotter Långstrump das Licht der literarischen Welt und begründete die außergewöhnliche Karriere der Schriftstellerin Astrid Lindgren. Auf „Pippi Langstrumpf“ folgten Bücher, die die Kinderliteratur revolutionierten – und ihre Autorin schon zu Lebzeiten zu einer Legende werden ließen. 2002 verstarb Lindgren 94-jährig; man kannte sie als engagierte Frau, die für Frieden, Gerechtigkeit und die Rechte von Kindern eintrat. Jens Andersen erzählt in seiner preisgekrönten Biografie „ihr Werk und Leben erschreckend neu“ (SZ). Über Jahre hinweg studierte er unveröffentlichte Quellen, und so kommt eine Autorin zu Wort, die nicht nur weltweit Erfolge feiern durfte, sondern Einsamkeit und Trauer kannte und ein Leben lang von Schuldgefühlen geplagt war. Zugleich aber erzählt Jens Andersen eine Geschichte von Moderne und Modernisierung – Astrid Lindgren, die das 20. Jahrhundert miterlebt und mitgeprägt hat, wird zu einer bewundernswerten Ikone des Jahrhunderts der Gleichberechtigung.

Ulrich Sonnenberg arbeitet als freier Übersetzer und Herausgeber aus dem Dänischen und Norwegischen in Rödelheim. Zu den von ihm übersetzten Autoren gehören Hans Christian Andersen, Carsten Jensen und Karl Ove Knausgård. 2013 erhielt er den Übersetzerpreis des Staatlichen Dänischen Kunstrats.

»Spiel der Sinne«

Oliver Steller spricht und singt Lyrik von Dichterinnen. Mit Bernd Winterschladen (Saxophon).

Bei der letzten Förster-Veranstaltung des Jahres am 17. November 2017 präsentierte Oliver Steller in seinem Programm »Spiel der Sinne« ein Kaleidoskop poetischer Frauenstimmen, über Jahre zusammengetragen aus vielen kleinen Bruchstücken. Ein lyrisch-musikalisches Miteinander, Nebeneinander und Gegeneinander von Gedichten und Liedern. »Scharfsinnig, einfühlsam, unterhaltsam und überraschend!« (Focus). Mit Texten von Else Lasker-Schüler, Mascha Kaléko, Hilde Domin, Ina Seidel, Ingeborg Bachmann, Karin Kiwus, Rose Ausländer, Annette von Droste-Hülshoff, Eva Strittmatter, Marie-Luise Kaschnitz, Ulla Hahn und viele anderen. Unterstützt wurde Oliver Steller durch den Saxophonisten und Klarinettisten Bernd Winterschladen.

Oliver Steller, Jahrgang 1967, hat seine Liebe zur Literatur nach der Schule wiederentdeckt. Seitdem vertont er Gedichte. Im Anschluss an ein Musikstudium in den USA und einem Jahrzehnt als freischaffender Musiker, gab der Gitarrist und Sänger 1995 sein Debüt als Rezitator. Für die FAZ ist Oliver Steller »die Stimme deutscher Lyrik«.